Diese Woche startet in den Kinos der Dok-Film „Heitere Fahne“. Es ist eine wunderbare Heldengeschichte von solchen, die auszogen, eine bessere Welt zu bauen. Die also keine Drachen töten, nur um dann irgendwelche seltsamen Prinzessinnen aus einem baufälligen Turm zu holen, um sie zu heiraten. Sondern von was wirklich Brauchbarem, einer Welt offen und wertschätzend für alle. Doch nach jedem grossen Held:innen-Epos folgt schlicht der Alltag und die Frage, wie aus einer atemberaubenden, neuen Idee eine gesellschaftliche Realität wird.
Die NPO-Welt liebt ihre Heldengeschichten. Ständig werden Gründer:innen hochgelobt, ausgezeichnet und an Tagungen und Symposien vorgeführt. Als würde dies den Erfolg von Gründer:innen ausmachen: Preise bekommen und auf die Schulter geklopft kriegen. Die „Heitere Fahne“ ist heute vor allem ein Ort, an dem Menschen aller Art eine Heimat finden können, ihnen eine Tagesstruktur und eine Aufgabe bietet. Hier beginnt die wirkliche Aufbauarbeit, sozusagen die Zeit nach der Prinzessinnen-Hochzeit*. Genau davon erzählt der Film in tollen Bildern und eindrücklichen Momenten.
Einer meiner Vorträge hiess „Wenn Sie Pech haben wird Ihr Projekt ein Erfolg“. Er wollte genau von dieser „Zeit danach“ erzählen, wenn aus der inspirierenden Idee schlichter Alltag geworden ist. Und auch davon, ab wann die Held:innen zum Handycap werden - und wie sie es nicht bemerken, weil sie immer noch öffentlich ausgestellt und ausgezeichnet werden. Diese Gesellschaft steht so auf Personenkult und Sensationsgeschichten, dass sie nicht bemerkt, wann und wo wirklich Veränderung entsteht.
Ich liebe den TED-Talk von Derek Sivers „How to start a Movement“, der die Sache auf den Punkt bringt. Es geht nie um die brillante Idee, sondern um jene, die sie aufnehmen, mittragen, fördern. Sie sind die Helden der Geschichte. Oder wie es Derek Silver sagt: „Ohne Unterstützer ist ein Gründer nichts als eine einsamer Spinner (a lonely nut)“. Der Film „Heitere Fahne“ handelt davon, wie es den Gründern des grossartigen Kulturhauses „Heitere Fahne“ gelingt, andere als gleichberechtigt in die Trägerschaft aufzunehmen, deren Ideen Raum zu geben und sich selbst möglichst unbedeutend zu machen. Wenn dies wirklich klappt, dann hat eine wichtige Idee erst eine Chance, etwas zu bewegen. Wenn Sie wirklich zu einem Held oder eine Heldin werden wollen, dann suchen Sie nicht nur nach ihrer eigenen grossartigen Idee, sondern schauen sie sich um, welche Ideen und einsame Spinner es lohnt zu unterstützen. So verändert sich die Welt.
* Nach dem 26.9. hoffentlich auch in allen Geschlechter-Kombinationen.
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